Es wird ernst – Offenlegung Bebauungsplan Nr. 7/17 „Rüttenscheider Straße / Wittekindstraße“

Im Amt für Stadtplanung und Bauordnung (Lindenallee 10, Deutschlandhaus, 5. Etage, Raum 501) ist es ab sofort bis einschließlich 20.12.2024 möglich, Stellungnahmen und Änderungswünsche zu dem Plan vorzubringen.

Wir vom Bürgerforum Rüttenscheid befassen uns seit Bekanntwerden des Bauvorhabens intensiv damit. Unser Forderungskatalog, den wir nach eingehender Analyse des Bebaungsplanes erstellt haben, wird der Verwaltung persönlich übergeben, die für jeden nicht akzeptierten Punkt eine Begründung liefern muss. Das trifft natürlich auch auf alle Anregungen, Ideen und Kritikpunkte jedes Bürgers/ jeder Bürgerin zu, daher rufen wir zu einer regen Beteiligung daran auf. Diese kann persönlich an oben genannter Adresse erfolgen sowie online über diesen Link:

https://www.essen.de/terminformular/amt_fuer_stadtplanung_und_bauordnung_/ruettenscheiderstrasse_wittekindstrasse_stellungnahmen_2.de.html

Unsere Forderungen (bitte die Titel anklicken zur Freigabe des Inhalts)

Zum Klima/Klimafolgen

„Ganz Rüttenscheid ist eine Hitzeinsel“ laut der aktuellen Klimaanalyse vom RVR im Auftrag der Stadt erstellt.
Zitat: „Die hohe Nutzungsintensität im Stadtteil Rüttenscheid führt zu starken Veränderungen der Klimaelemente mit nachteiligen Klimaeigenschaften. Neben Belastung durch Hitzestress und Schwüle ist eine belastete Luftleitführung über Hauptverkehrsachsen kennzeichnend.“

Planungshinweis:

„Für Hochhausneubauten und größere Gebäudekomplexe sollten Windgutachten zur Vermeidung von Düseneffekten und Schadstoffakkumulation durch Wirbelbildung eingeholt werde“ (S. 112)
Das Klimagutachten empfiehlt dringend Entsiegelung wegen des hohen Versiegelungsgrads (64%). Der Gutachter des RVR riet dringend, nicht mehr zu bauen, sondern zurückzubauen.
Es ist heute Allgemeinwissen, dass Jahr für Jahr mehr Menschen, vor allem in dicht bebauten städtischen Ballungszentren, an Hitzefolgen sterben, insbesondere vulnerablen Gruppen.

Sie beschreiben im B-Plan 7/17, es geschehe eine Reduzierung der Hitzebelastung durch:

  • Schaffen begrünter Dachflächen
  • Erhalten von Baumstandorten
  • Anpflanzung von Begrünungen
  • Ausreichende Durchlüftung der Siedlungsstruktur

Sie vergessen allerdings zu erwähnen, dass vorher 40 großkronige Bäume gefällt werden (S.24). Davon steht eine geschlossene Reihe großkroniger Bäume an der Böschung zur Wittekindstraße, ca. 130 m lang. Diese fallen alle weg und sollen nur durch 2 Neupflanzungen auf der Wittekindstraße ersetzt werden. 40 großkronige Bäume mit einem Stammumfang von 150-160 cm werden gefällt und ersetzt durch 10 kleine, mit einem Stammumfang von 14-16 cm, auf einem Mutterboden von 100 cm Höhe. Diese Bäume können also gar nicht groß werden.
Selbst die vorgeschriebenen Rankpflanzen sind ausgerechnet an den nach Süden zeigenden Fassaden zur Wittekindstraße nicht vorgesehen. Es ist also sicher, dass sich durch eine Bebauung in der vorgesehenen Form die Luftqualität und Hitzesituation deutlich verschlechtern wird.

Unsere Forderungen im Einzelnen:

  • ein humanbiometeorologisches Gutachten für die gesamte Umgebung des Bauvorhabens
  • eine großzügige Begrünung und Grüngestaltung
  • ernsthafte Prüfung zum Erhalt der ältesten Bäume direkt an der Wittekindstraße
  • gleichwertigen und gleichzeitigen Ersatz für die wegfallenden Bäume in unmittelbarer Nähe, z.B. auf dem Messeparkplatz

Es ist schon bezeichnend, dass die im Giradetgebäude lebenden Wohngemeinschaften für beatmungspflichtige Erwachsene und beatmungspflichtige Kinder in der Beschreibung der Umgebung des B-Plans gar nicht auftauchen. Ebensowenig werden Beeinträchtigungen und Folgen des Neubaus für die dort ansässige Kindertagesstätte, das Seniorenzentrum und die medizinischen Einrichtungen thematisiert.

In der Beschreibung des Nutzungsmix des Giradetgebäudes haben Sie die zu schützenden Einrichtungen der Beatmungs-WG für Erwachsene und Beatmungs-WG für Kinder einfach unter den Tisch fallen lassen, obwohl diese extra bei der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung auf sich aufmerksam gemacht hatten. Die Lebensqualität (Licht, Luft) der ansässigen vulnerablen Gruppen wird sich durch den riesigen Neubaukomplex deutlich verschlechtern.

Zur Höhe und Geschossigkeit

In den letzten Jahren entstanden im Radius des Plangebiets 7/17 von 1km Luftlinie allein 613 Wohneinheiten neu!

Parc Dunant 168 WE 4-geschossig
Rü-Bogen 100 WE 4-geschossig
Manfredstraße 179 WE 4-5-geschossig
ehemalig Holz Conrad 96 WE 4-5-geschossig
Veronikastraße 70 WE meist 4-geschossig

613 Wohnungen (plus ein paar Aufstockungen in der Gummertstr.) wurden in eine Hitzeinsel bereits gebaut, bei den meisten sind zahlreiche Bäume gefällt und vor Ort nicht ersetzt worden.
Das Giradethaus wird im B-Plan 7/17 als ein bis zu 6-geschossiger Gebäudekomplex beschrieben (S.19). Diese Höhe bemisst sich vom Niveau des tiefer gelegenen P2.
Die Wittekindstraße liegt im Vergleich dazu bis zu 6 m höher und hat eine Bauhöhe von 3-4 Geschossen, wie übrigens die gesamte Umgebung außer dem Giradetgebäude.und den beiden Eckgebäuden der Wittekindstraße.

Das Bauvorhaben 7/17 steht auf einem Sockel und die beschriebenen 6-7 Geschosse werden erst ab Höhe Wittekindstraße gezählt. Tatsächlich übersteigt damit die Geschossigkeit auch die des Giradetgebäudes. Gegenüber der Wittekindstraße 18, die eine Dachfirsthöhe von 12,39 m hat, steht dann ein Gebäude, das (S.38) 18-25 m Höhe hat. Plus bis zu 2m z.B. für Solaranlagen.

– Das ist städtebaulich nicht ausgewogen.

Eine derart massive Bebauung zur Wittekindstraße, ohne Ausgleich für die dann gefällte 130 m lange Baumreihe, wird die Hitzebelastung in Hitzephasen im gesamten Bereich um die Giradetbrücke massiv belasten.

Wir fordern deshalb

  • eine Reduzierung der Geschossigkeit auf maximal 4 Geschosse ab dem Niveau Wittekindstraße
  • die genaue Berechnung darüber, wie viel diese Baumasse in Hitzephasen nachts länger die Tageshitze speichert als ein niedrigerer Gebäudekomplex
  • die Festschreibung der zu verwendenden Baumaterialien, die Hitze so wenig speichern, wie zum bspw. Holz
Auswirkungen auf die Verkehrssituation Rüttenscheider Straße/ Wittekindstraße
Die Andienung der Parkdecks zum Bauvorhaben 7/17 soll ausschließlich über die Ausfahrten der Wittekindstraße nahe der Kreuzung Rüttenscheider erfolgen.
Die Rüttenscheider ist eine Fahrradstraße, deren Verkehrsführung gerade äußerst kontrovers und emotionsbeladen umorganisiert wurde. Erste gerichtliche Anordnungen machen eine Nachbesserung hinsichtlich der Verkehrsreduktion erforderlich. Die Wittekindstraße wird gerade zu einer Fahrradstaße umgebaut.
Beide Straßen haben schon jetzt für eine Fahrradstraße nachweislich zu viel Autoverkehr, der durch Neuansiedlungen selbstverständlich ansteigen wird.
Alle Fahrzeuge, die nach Norden, Süden oder Westen wollen, gelangen zwangsweise über die Wittekindstraße auf die Rüttenscheider Straße. Unser Vorschlag wäre die Andienung der Parkhäuser von unten über die Alfredstraße. Lösungen wurden bereits bei der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung aufgezeigt, z.B. eine intelligente Ampelsteuerung.

Wir fordern Zu- und Abfahrten über die Alfredstraße zu planen

Der Neubau hat auch den Wegfall aller derzeit öffentlich nutzbaren Parkplätze auf dem Niveau P2 zur Folge. Die neuen Anwohner, Besucher, Arbeitenden benötigen entsprechend neuen Parkraum. Das wiederum hat zusätzliche Auswirkung auf alle umliegenden Straßen, die jetzt schon zur Verkehrsentlastung der Rüttenscheider dienen. Es ist ein Kollaps zu befürchten.
– Wir fordern als Ersatz für die wegfallenden Parkplätze die Schaffung neuer öffentlich nutzbarer Parkflächen, auch in den Tiefgaragen des neuen Gebäudes.

Darüber hinaus richten sich unsere Forderungen an die Stadt Essen.

Wir fordern:

  • Eine intelligente Anwohnerparken-Lösung
  • zeitnahe Ersatz-Baumpflanzungen auf dem Messparkplatzgelände
  • Eine urbane grüne Gestaltung des Messegeländes, die eine dauerhafte Doppelnutzung (Freizeit, Sport) für alle zulässt.

Unser Anschreiben an die Ratsmitglieder